Re: Tonindustrie Scheibbs
12 JUN – 26 OKT 2021
Aktuell
16. Oktober 2021, 14.00 Uhr – Finissage
Keramikmuseum Scheibbs, Erlafstraße 32
Noch einmal kommen die Künstlerinnen und Künstler nach Scheibbs, um durch die Ausstellung zu führen.
12. Juni 2021, 19.00 Uhr – Ausstellungseröffnung
Keramikmuseum Scheibbs, Erlafstraße 32
Aufgrund der aktuellen Regelungen zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie ist die Veranstaltung auf 50 Besucher*innen beschränkt. Für die Teilnahme ist daher eine Anmeldung erforderlich.
Zutrittsberechtigt sind Personen die getestet, geimpft oder genesen sind.
Ein Nachweis ist für die Dauer des Aufenthaltes vorzuweisen.
Info
Seit Mitte der 1990er-Jahre sammelt das Ehepaar Johanna und Hans Hagen Hottenroth weltweit Arbeiten der Tonindustrie Scheibbs, die sie im Keramikmuseum zeigen. Erzählt wird die Geschichte des Ludwig Weinbrenner, Orchideenzüchter und Mann von Welt, der eine Keramikproduktion gründete, nachdem er 1923 am Grundstück seiner Gärtnerei ein Lehmvorkommen entdeckt hatte.
Über zehn Jahre holte er namhafte Künstler und vor allem auch Künstlerinnen aus dem Umfeld der Wiener Werkstätte nach Scheibbs, um hier zu arbeiten. Die einzigartigen Objekte, die großteils international verkauft wurden, sind in ihrer expressiven Formensprache nicht nur Gebrauchsgegenstände, sondern Kunst.
Kurator Gerald Zagler wirft im Rahmen des Viertelfestivals 2021 ein Schlaglicht auf dieses besondere Scheibbser Kulturgut. Die Ausstellung LOAM ist in gewisser Weise Reenactment der Weinbrenner’schen Geste. Zeitgenössische Kunst tritt in Dialog zu den Ausstellungstücken und deren Geschichte.
Zu sehen sind Arbeiten der Künstlerinnen und Künstler:
OFFENE FORM 89 - DAGOBERT PECHE UND ICH - DIE ÜBERWINDUNG DER UTILITÄT
Uli Aigner 2018 / Foto: Michal Kosakowski
Die Kontakte der Tonindustrie Scheibbs zur Wiener Werkstätte (WW) waren so eng, dass sogar eine Reihe von Objekten mit dem Scheibbser Stempel und dem der Wiener Werkstätte gemarkt sind.
Junge Künstlerinnen wie Helene Dörr und Hilde Heger prägten den Stil der Scheibbser Keramik Mitte der 1920er-Jahre. Sie lernten ihr Handwerk unter anderem bei Vally Wieselthier und Michael Powolny. Gudrun Baudisch kam ebenso mehrmals nach Scheibbs, wie Walter Bosse. Von Josef Hoffmann stammt ein Vasen-Entwurf, der in schwarzer und weißer Glasur mit Goldrändern ausgeführt wurde.
Uli Aigner schuf mit ihren Objekten Echos auf die Keramik der Tonindustrie Scheibbs.
Fotos: Uli Aigner
"Eine Spur quer durch die globale Gegenwart"
Die Objekte, die Uli Aigner für die Ausstellung LOAM anfertigt, sind Teil ihrer Onemillion-Serie, an der sie seit 2014 arbeitet. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, bis zu ihrem Lebensende eine Million Porzellangefäße herzustellen. Jedes einzelne von Hand auf der Drehscheibe geformte Stück wird fortlaufend nummeriert und ist auf der Webseite www.eine-million.com abrufbar. In einer Weltkarte ist ersichtlich, wie sich die Gefäße über die Jahre über die ganze Welt verbreitet haben. Von Europa, in die USA, nach Asien, bis nach Neuseeland sind sie in einem Raum und Zeit überschreitenden Netzwerk miteinander verbunden.
Annäherung an die Urform
Produktdesigner Clemens Auer hat aus dem Archiv der Tonindustrie Scheibbs zwei typische Objekte des niederösterreichischen Mostviertels ausgewählt und neu interpretiert. Mostkrug und Mostplutzer sind archaische Gefäße für ein archaisches Getränk, das heute eine neue Wertschätzung erfährt. Die urwüchsigen Formen räumte Auer auf, entwickelte daraus stringente Körper, die in ihrer Klarheit überzeugen.
Hermann Seiser hat in seinem Atelier in Wien die Formen gebaut und einen Probeguss aus Porzellan angefertigt.
Mostplutzer und Mostkrug werden nun in der Scheibbser Keramik (Lebenshilfe) hergestellt.
Christiana Lugbauer greift die Interpretationen von Clemens Auer auf und widmet sich den Oberflächen des Mostplutzers und des Mostkrugs. Sie experimentiert mit verschiedensten Glasurtechniken und ergründet das kraftvolle Wechselspiel zwischen Form und Farbe, eine Qualität, die die Scheibbser Keramik der 1920er-Jahrer besonders auszeichnete. Die Expressivität des Glasurauftrags unterstrich den künstlerischen Anspruch der Werke. Jedes an sich serielle im Gussverfahren angefertigten Gefäß wurde dadurch zum Einzelstück.
Weicher Stein
Kristin Weissenberger
Brown Tulips
2021 (Detailansichten)
Kristin Weissenberger nimmt die alte Gießform eines Blumentopfes mit floralem Relief der Tonindustrie Scheibbs zum Ausgangsobjekt für eine Installation aus Porzellan-Objekten, Silikon und skulpturalen Elementen aus eigens entwickeltem Material. Der Blick auf die Natur, Vorstellungswelten von schöner, hässlicher, veränderter oder dienstbar gemachter Umwelt, stehen im Fokus der Arbeit. Mit Abbild, Abdruck und Nachahmung stellt sie drei Modi nebeneinander, deren Wahrheitsgehalt sie überprüft.
Weissenberger widmet sich der Nachahmung von Natur. In einer Versuchsanordnung im Brennofen simulierte sie durch Druck und Hitze geologische Bedingungen, die ihr ermöglichten Gestein selbst zu erzeugen. Sie bändigt die Ausgangsmaterialien, verschmilzt Feldspat, Glimmer und Quarz zu einem neuen Material: „Anthropogenit“.
Machen und Sammeln
Ines Hochgerner, 2021
Garnierung
Holz, Siebdruck auf Papier, Ton
195 x 141 x 50cm
Ines Hochgerner denkt mit druckgrafischen Mitteln über unterschiedliche Momente in der Herstellung, der Verwendung, des Sammelns, Ordnens und des Zeigens von Keramik nach. Spuren aus dem Herstellungsprozess treffen Nudeln, für die man Schüssel und Teller verwendet. Scherben sind zu sehen, Hände, die etwas abtasten, Kreise, die Hervorheben und auf das Runde verweisen, das vielen Keramiken eigen ist. Die Holzleisten der Rückseite verweisen auf die Idee des Systematisierens.
Ihre Arbeit ist dabei Präsentationsfläche und Werk zugleich.
Die Poesie des Materials
Yuki Higashino
Bush clover 1
2020 (Detailansicht)
Glasur und Steingut
Yuki Higashino
Balance 1
2020 (Detailansicht)
Glasur und Steingut
Yuki Higashino beauftragte seinen Vater Avi Beraha, einen israelischen Keramiker mit Sitz in Japan, mit der Herstellung der beiden Arbeiten "Bush clover 1" und "Balance 1". Das Innere zweier Gefäße wurden mit flüssigem Glasurmaterial randvoll gefüllt und anschließend wie normal glasiertes Steinzeug gebrannt. Die Materialien schmolzen und verfestigten sich wie die Glasur, die normalerweise die Oberfläche von Keramik überzieht, und bildete einen soliden Kern aus bunter, gehärteter Substanz. Das bisher unerprobte Verfahren führte zu unerwarteten Ergebnissen, die zugleich materielles Experiment und poetische Artefakte sind.
Kontakt
Sie möchten an der Ausstellungseröffnung teilnehmen? Bitte melden Sie sich über das Formular an:
Keramikmuseum Scheibbs
Erlafstraße 32
3270 Scheibbs
Hans-Hagen Hottenroth
+43 (0)7482/42 267
+43 (0)676/558 40 91
Gerald Zagler, Kurator
+43 664 88 38 2140
Viertelfestival Niederösterreich 2021